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Projekt

In einer Patenschaft übernehmen Schulen die Verantwortung für die Aufarbeitung der Geschichte eines Kindes und sorgen dafür, dass seiner einmal im Jahr durch eine gemeinsame Aktion, eine Ausstellung, eine Lesung oder ähnliches gedacht wird.

Gedenkwand mit Deckblättern von Krankenakten

Noch längst nicht alle Biographien der in der sogenannten ‚Kinderfachabteilung’‘ umgekommenen Kinder sind erforscht worden. Wir möchten mit unserem Projekt auch jenen ein Denk-Zeichen setzen, die bisher anonym bleiben mussten und so noch keinen Platz in der Geschichtsschreibung gefunden haben.

Mein liebes Kind würdigt das Andenken der getöteten Kinder und Jugendlichen mit einer jährlichen Veranstaltung am Gedenkort. Die jungen Pat*innen haben dabei die Möglichkeit, persönlich vorzutreten und ihr Engagement öffentlich zu machen.

Für nähere Informationen nehmen Sie bitte unter der Emailadresse paten@mein-liebes-kind.de Kontakt mit uns auf.

Gedenkort und Geschichtslabor

Im Juli 1941 wurde am Eichborndamm 238/240 die Städtische Nervenklinik für Kinder, kurz ‚Wiesengrund‘ genannt, eingerichtet. Hier waren die Stationen 2 und 3 untergebracht.

Letztere erhielt den täuschenden Zusatznamen ‚Kinderfachabteilung‘. Die Klinik verfügte neben den Bettenzimmern über eine eigene Röntgenabteilung, ein Labor, einen Sektionsraum sowie Dienst- und Verwaltungszimmer.

In die sogenannte ‚Kinderfachabteilung‘ wurden Kinder aus ganz Berlin und der Umgebung eingewiesen. Ihre Krankenakten enthielten vielfach den Vermerk ‚R.A.‘. Dieser weist darauf hin, dass der ‚Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden‘ diese Kinder als ‚lebensunwert‘ eingestuft hatte. Entsprechend wurden die Kinder „behandelt“. Viele Kinder starben an den Folgen von medizinischen Versuchen oder riskanten Untersuchungen, aufgrund von fehlender ärztlicher Hilfe oder mangelnder Ernährung.

Auch die Kinder der Station 2 überlebten nicht immer den Klinikaufenthalt. An ihnen wurden ebenfalls risikoreiche Untersuchungen vorgenommen, die zum Tod führen konnten.

Biographie Paul H.

Paul wurde im Dezember 1927 in Berlin geboren. In einer Poliklinik ordnete man ihn als „typischer Fall von Mongolismus'“ ein. Die Einweisung in die Wittenauer Heilstätten fand im November 1936 statt. Nachdem er dort untersucht worden war, kam er im Januar 1937 in ein Vertragsheim in Marwitz.

Im März 1942 wurde Paul auf Veranlassung des Reichsausschusses in die Städtische Nervenklinik für Kinder eingewiesen. Dort hielt man über den Jungen fest: „Paul (…) hat ein nettes ruhiges Wesen, sehr gutmütig, in keiner Weise bösartig, hilft gern, aber ist sehr schwerfällig.“

In der Klinik wurden an dem Kind drei Encephalographien durchgeführt und Tuberkulin injiziert. Anfang Juni 1942 verlegte man Paul wieder nach Marwitz zurück. Wenige Wochen später bekam er Fieber, so dass er erneut in der ‚Kinderfachabteilung‘ aufgenommen wurde. Pauls Allgemeinzustand verschlechterte sich erheblich. Er erhielt Strophantin in hoher Dosierung. Als sich sein Zustand weiter verschlechterte, nahmen die Ärzte „im Hinblick auf den Grad der Entwicklungsstörung“ von einer „weiteren Kreislaufstützung (…) Abstand“, so dass er starb.

Am 7. Juni 2013 wurde für Paul H. vor den Gebäuden am Eichborndamm 238/240 ein Stolperstein verlegt, der inzwischen 5000. Stolperstein für Berlin.

Heute

Am authentischen Ort ist ein Geschichtslabor für Ausstellungen, Workshops, Lesungen und Gespräche entstanden. Seit 2012 finden hier Schülerprojekte zur Geschichte der ‚Kinderfachabteilung‘ statt, in deren Rahmen sich Schulklassen mit der Geschichte der Medizin im Nationalsozialismus auseinandersetzen. Die Schüler*innen haben hier auch die Möglichkeit, selbstständig zur Geschichte der Kinder-„Euthanasie“ zu recherchieren und den gesellschaftlichen Umgang mit Krankheit und Behinderung in der heutigen Zeit zu reflektieren.

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